Fachvortrag der Alzheimer Gesellschaft zu Patientenverfügung,
Betreuungsverfügung und Vorsorgevollmacht

am 26. Juni 23 im Gemeindehaus St. Andreas


Die Vorsitzende Ursula Amler konnte trotz der sommerlichen Temperaturen viele
interessierte Teilnehmer im Gemeindesaal St. Andreas in Weißenburg begrüßen.
Ihre Vorstandskolleginnen Rechtsanwältin Dr. Bettina Schacht und Fachreferentin für
Pflege und Ethik Eva-Maria Schork gaben umfassende Informationen zu rechtlichen
Optionen und deren weitreichenden Konsequenzen, sowie zu gesundheitlichen
Aspekten bei der Erstellung von Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen.
Sinn und Zweck der Verfügungen ist es, dass dafür Sorge getragen wird, Menschen
so begleiten, behandeln und versorgen zu können, wie sie es für sich selbst
entscheiden würden – wenn sie selbst nicht dazu in der Lage sind. Das setzt voraus,
sich mit gesundheitlichen Krisensituationen, schweren Erkrankungen, letzter
Lebenszeit, Sterben und Tod auseinanderzusetzen. Dies ist keine Frage des Alters,
wie Dr. Schacht klarstellt. Gut ist es, rechtzeitig – “ Es ist immer zu früh, bis es zu
spät ist… “ mit seinen Vertrauenspersonen Gedanken auszutauschen und
Vorstellungen zu entwickeln. Eine individuelle Beratung durch einen Juristen kann
nicht durch die oft unvollständigen und häufig auch falsch ausgefüllten, am Markt
verfügbaren Formulare ersetzt werden. Es geht immerhin um alles, was ein Mensch
hat, seine Person und sein Vermögen, so die Juristin.
Gerade für den Bereich der Gesundheitsfürsorge und Pflegebedürftigkeit ist die
persönliche Beratung durch den Hausarzt und Gesundheitsfachleute zu empfehlen.
Der Denkansatz “Advance Care Planning” mit dem Konzept “Behandlung im Voraus
planen” kann hierzu Hilfestellung geben, erläutert Pflegeexpertin Frau Schork. Leider
hat nur eine Minderheit entsprechende Dokumente erstellt, welche wiederum in
aktuellen Krisensituationen nicht aussagekräftig genug sind und Zweifel aufkommen
lassen. Im Krisenfall sind Patientenverfügungen und Vorsorgevollmacht zudem oft
nicht greifbar, bzw. auffindbar. Frau Amler informiert hierzu über die Möglichkeit der
sogenannten SOS Box (erhältlich an den Schaltern der Raiffeisenbanken).
Ergänzend wies Frau Dr. Schacht auch auf das Notvertretungsrecht für Ehegatten
hin, welches seit Januar 2023 gilt. Dieses gilt nur in Gesundheitsangelegenheiten
und zeitlich befristet auf 6 Wochen. Es besteht also dennoch Handlungsbedarf.
Die Vertreterinnen der Alzheimer Gesellschaft benannten ausdrücklich die
besondere Situation von an Demenz erkrankten Menschen. Lebens- und
Sterbewünsche verändern sich, sind von der aktuellen Lebenssituation beeinflusst,
so Frau Schork. Von Bedeutung ist letztlich das Lebensgefühl, die Lebensqualität
eines Menschen, der sogenannte “natürliche Wille”, welchen der Betreffende äußert.
Ein Appell richtet sich deshalb bei der Erstellung von Verfügungen, diese nicht auf
eine bestimmte Diagnose hin festzulegen, sondern eher an einen Zustand zu binden,
welcher als sog. „rote Linie“ verstanden wird. Bestenfalls hat die Person des
Vertrauens mittels Vorsorgevollmacht die Möglichkeit, im Sinne und zum Wohle des
Betreffenden, in der Krisensituation zu entscheiden. Es ist durchaus ratsam, erstellte
Dokumente insbesondere zur Gesundheitsfürsorge auf ihre Aktualität hin zu lesen,
und ggf. zu ändern. Ein fester Eintrag im Jahreskalender hierfür macht Sinn –
Lebens- und Sterbewünsche sind volatil.
Ist nichts geregelt, entscheidet das zuständige Betreuungsgericht, wer zum Betreuer
bestellt wird und die Entscheidungen trifft. Das muss nicht immer die Person sein, die
man sich selbst wünscht. Um sicherzustellen, dass der eigene Wille umgesetzt wird,
sollte jeder über eine Vorsorgevollmacht nebst Betreuungsverfügung nachdenken.
Abschließend ermuntert Eva-Maria Schork die Zuhörer zur Auseinandersetzung und
Gesprächsbereitschaft mit dem Leitspruch “ Über das Sterben zu sprechen hat noch
niemanden umgebracht.”